Christian Lippuner

Skulpturen, Objekte, Installationen

Überlegungen zur Bronzeskulptur «Selbstredend» – Der Mensch ist Spielball

Aus einem monolithischen Block schält sich ein personifizierter Urlaut, nicht zuletzt an das Munchsche Schrei-Motiv erinnernd. Stehen Angst, Schmerz und Zweifel dahinter? Einer ruft aus, ruft in sich hinein, will eins mit dem Natürlichen werden. Alles andere als indifferent, gefühllos oder distanziert scheint sich die aus dem Massiv wachsende Menschenbüste weniger der Ethik der Autarkie als der Verbrüderung mit dem Kosmos verschreiben zu wollen. Im Sog nach aussen und innen, berührbar und verletzlich äussern sich Wunsch und Sehnsucht nach ursprünglicher Seinsverbundenheit.

Konkret mag der männliche Protagonist hier dem zeitgeistigen Unisono einen Augenblick des Alleinseins entgegensetzen. Individuelles Zeugnis ablegend, lebensweltliche Ökonomie von Nähe und Distanz ergründend setzt er den zündenden Funken gegen übertriebene Selbstbezüglichkeit und für die selbstbestimmte Bejahung der Schicksalskonstellation. Ein Akteur im Welttheater, der die Leere der Herzen beklagt? Eine Kreatur, die sich im Spiegel göttlichen Geheimnisses wiederzufinden vornimmt, unserer Erschaffung, dem christlichen Mysterium der Fleischwerdung auf der Spur?

Die Erkennbarkeit allen Drumherums bedeutet nicht, der Mensch sei in der Lage, das Gesamtzusammenspiel nachzuvollziehen. Zur conditio humana gehören das Anerkennen von Grenzziehungen und eine gute Portion Bescheidenheit. Bedingen sich Zwänge und Freiheit nicht sogar? Selbstredend, dass Innerlichkeit Souveränität, Wille und Verstand einschliesst. Doch eine Person in ihrer Vereinzelung würde nicht ausreichen. Humane Verfasstheit ist immer eine dialogische, der Mensch immer Mitmensch. Trotzdem gehören Phasen existentieller Einsamkeit zur Reifung und zur Schöpfungswirklichkeit. (jstb)

Überlegungen zur Bronzeskulptur «Selbstreferenziell» – Von der Kraft des Ausgleichs

Einer, der über Reflexion zur Regulation gelangt? Ganz einfach: Es führe zur näheren Bestimmung des Selbst und der Zwischenmenschlichkeit, über sich und die Welt nachzudenken. Nur so werde Leben verständlicher, im Vermengungs- und Aufschlüsselungsprozess. Gut dosiert, selbstverstrickt und beziehungsverflochten.

Besinnung befähigt zu relevantem Handeln. Auf die Wechselwirkung käme es an, zwischen Emotionalem, Impulsgesteuertem und Verstandeskraft. Wer intensiv betrachtet, wägt ab. Wo Bedachtsames und Wachsamkeit wirkt, wächst Verantwortung. Aus der oder dem Rückschauenden wird die oder der Entscheidungsfähige. (jstb)

Komturei Tobel: «TATORT», Installation: «Kabinett des Seins», 2010

(Copyright und Urheberrechte bei Christian Lippuner)

Kabinett des Seins, 2010 (fotografiert von Henning Hülsmeier, Konstanz)

Interdisziplinäres Kulturprojekt «fingerprint», Gruppenausstellung Tatort Komturei Tobel, 9555 Tobel, 31. Juli bis 22. August 2010, (mit Katalog)

Die Installation versinnbildlicht die Brüche des Seins. Bewusst herbeigeführte Brechungen der Spiegelversatzstücke im Raum führen dem Betrachter das sich bruchstückhaft verbindende Seiende seiner Existenz vor Augen. – Das gespiegelte Sein unterliegt dem jeweiligen Ist-Zustand, gleichzeitig spielt es damit. Es ist vom «sein dürfen, können, sollen, lassen, werden, wollen oder müssen, was man ist» bestimmt. Es ruft eine Steigerung des Seins zur Freiheit hervor. Die Komturei ist bewusst gewählter Tatort. Hier wurden der Freiheit enge Grenzen gesetzt, hier sollen ebendiese Grenzen gesprengt und beseitigt werden.

Teilnehmende KünstlerInnen: Barbara Bär, Susanne Basler, Carmelita Boari, Olaf Breuning, János Stefan Buchwardt, Peter Dew, Maria Fässler, HR Giger, Andy Guhl, Hans Gysi, Silvia Gysi, Christine Hagin Witz, Urs Walter Huber, Silvan Kappeler, Jeannice Keller, Stefan Kreier, Christian Lippuner, Carlos Mejia, Alex Meszmer, Michèle Mettler, Anja Mia Müller, Rahel Müller, Reto Müller, Ernst Mutti, Sebastian Mutti, Lisa Notter, Simón Prades, Claudia Rampa-Sgier, Lea Regenass-Sulses, Gass Rupp, schmalz/stuhlmann, Hedy Schmid, Jürg Schmid, Steff la Cheffe, Bruno Steiger, Heinz Völki, Andreas Vollenweider, Benedikt Wälder, Martina Weber, Andrin Winteler, Grafikklasse mit Markus Eugster, Schule für Gestaltung St.Gallen

http://www.komturei.ch

Recycling-Art: «Nachgeburten», Collagen aus Acrylfarbresten (zusammengestellt, geklebt und in Plexiglas gerahmt)

(Copyright und Urheberrechte bei Christian Lippuner)

Verloren im Weltall ..., 2015. Die Nachgeburten kennen keine zeitliche Begrenzung. Sie sind sozusagen nachgeboren ... Ich verwende für diese Arbeit ausschliesslich Acrylfarb- und Farbstiftabfälle, recycle sie zu Plastiken und nenne sie Nachgeburten.

Aus den vielschichtigen skulpturalen Farbelementen entstehen plastizitätartige Objekte. Collagierte Formen mutieren zu kompositorisch neuen, archaisch wirkenden Werkaussagen. Die Arbeiten spiegeln das Kontemporäre mit Licht- und Schattenseiten. sie geben es in seiner Vielseitigkeit wieder. Bearbeitete und nachbearbeitete Zufallsfarbreste und Bildkonstruktion fliessen zusammen und bilden schliesslich das Substrat, aus dem die Nachgeburten entstehen. Sie unterliegen einer Dynamik, aus der heraus sie sich immer wieder neu gebären.

2016/2017, Internationaler IBC Bodenseeclub e.V.: Es wurde eine Bildtafel «Recyling-ART» juriert und ausgestellt.